DIE UNTERSCHÄTZTE HERAUSFORDERUNG

WARUM ADHS BEI FRAUEN SO ZERSTÖRERISCH SEIN KANN

LEIDER VIEL ZU OFT ÜBERSEHEN

ADHS, oder Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, ist eine neurologische Erkrankung, die oft mit Kindheit und Hyperaktivität assoziiert wird. Was viele jedoch nicht wissen: ADHS kann auch bei Erwachsenen, insbesondere bei Frauen, auftreten und oft spät oder sogar überhaupt nicht diagnostiziert werden. Als Psychologin ist es mir ein Anliegen, über dieses wichtige und aktuelle Thema aufzuklären und die Herausforderungen von Frauen mit spät oder undiagnostiziertem ADHS zu beleuchten.

Ein zentrales Problem: Frauen mit ADHS neigen dazu, ihre Symptome besser zu kompensieren und zu kaschieren als Männer, was zu einer Unterdiagnostizierung führt. Anstatt hyperaktiv zu sein, zeigen Frauen oft internalisierte Symptome wie innere Unruhe, emotionale Instabilität und Schwierigkeiten, sich zu organisieren. Dies kann dazu führen, dass ihre Symptome als Depressionen, Angstzustände oder bipolare Störungen fehlinterpretiert werden, was zu Fehldiagnosen und einer unzureichenden Behandlung führt. In vielen Fällen bleibt eine Diagnose sogar komplett aus, da die Symptome als gewöhnliche, negative Charaktereigenschaften interpretiert werden, was wiederum häufig zu einem schlechten Selbstwertgefühl dieser Frauen führt.

DIE HERAUSFORDERUNGEN SIND IMMENS

ADHS kann erhebliche Auswirkungen auf das Leben der Frauen haben. Unter anderem auf die Beziehungen, die Bildung und den beruflichen Erfolg, insbesondere wenn es nicht diagnostiziert und behandelt wird. Frauen mit unerkanntem ADHS können Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren, Aufgaben zu organisieren und Fristen einzuhalten, was zu schlechten akademischen Leistungen und beruflichen Herausforderungen führen kann. Dies kann zu einem Gefühl der Frustration und Unzulänglichkeit führen, wenn sie nicht verstehen, warum sie trotz harter Arbeit und Anstrengung nicht erfolgreich sind.

ADHS kann auch Beziehungsprobleme und emotionale Belastungen verursachen, da Frauen mit dieser Störung oft Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen zu regulieren und sich auf zwischenmenschliche Beziehungen zu konzentrieren. Sie können als unzuverlässig oder desinteressiert wahrgenommen werden, was zu Konflikten in Freundschaften, Partnerschaften, der eigenen Familie und am Arbeitsplatz führen kann. Dies kann das Selbstwertgefühl und das Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen und Symptome verschlimmern.

Die Herausforderungen der Mutterschaft können dabei besonders belastend sein. Die Anforderungen an Organisation, Zeitmanagement und Aufmerksamkeit sind enorm, und die Symptome von ADHS können diese Aufgaben noch erschweren. Hinzu kommt, dass die Kinder von ADHS-Frauen oft selbst ADHS entwickeln, wodurch eine zusätzliche Belastung entsteht. Viele Frauen fühlen sich überfordert und schuldig, wenn sie diese Schwierigkeiten haben, den Anforderungen der Mutterschaft gerecht zu werden und können sich isoliert fühlen, wenn sie glauben, dass andere Mütter scheinbar mühelos zurechtkommen.

HOFFNUNG DURCH NEUE ERKENNTNISSE

Trotz der Herausforderungen, mit denen Frauen mit spät diagnostiziertem ADHS konfrontiert sind, gibt es Hoffnung. Eine rechtzeitige Diagnose und angemessene Behandlung können dazu beitragen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität deutlich zu verbessern. Durch eine Kombination aus häufig sehr gut wirksamen Medikamenten, Psychotherapie und Selbstmanagementstrategien können Frauen mit ADHS lernen, ihre Stärken zu nutzen und mit den Herausforderungen umzugehen, die ihre Störung mit sich bringt.

Insgesamt ist es wichtig, das Bewusstsein für das Thema ADHS bei Frauen zu schärfen und sicherzustellen, dass sie die Unterstützung und Behandlung erhalten, die sie benötigen, um erfolgreich zu sein und ein erfülltes Leben zu führen. Denn erkanntes und gelenktes ADHS wird häufig nicht mehr als Störung empfunden, sondern als eine echte Superkraft.

Dr. Daniela Döldissen - Psychologische Praxis Ahrensburg

ÜBER DIE AUTORIN

DR. DANIELA DÖLDISSEN

Tiefenpsychologin mit langjähriger Erfahrung in der Gesprächs-, Gestalt- & Traumatherapie sowie auf dem Gebiet von Somatic Expieriencing.